Der lange Dauerlauf zum Beispiel gehört in jede Marathonvorbereitung – das ist bekannt. Aber in welchem Tempo dieser gelaufen werden soll, darüber streitet man sich.
Vor etwa zwei Jahrzehnten noch führten Läufer endlose Debatten darüber, wie viele Kilometer für die langen Läufe in der Marathonvorbereitung vonnöten seien. Einige waren der Meinung, 25 Kilometer reichten aus, während andere sogar Strecken von 45 Kilometer vorgaben. Den breitesten Zuspruch fand schließlich eine Zahl irgendwo in der Mitte zwischen Halbmarathon- und Marathondistanz: Dreißig Kilometer bzw. zwanzig Meilen – je nachdem, in welchem Sprachraum man lebte (weshalb Briten un Amerikaner in der Regel zwei Kilometer mehr laufen mussten).
Heute herrscht weitgehend Konsens darüber, dass Läufe im Bereich zwischen 28 und 35 Kilometern als spezifische Marathonvorbereitung ausreichen. Nun stellt sich jedoch die Frage: Wie schnell (bzw. langsam) sollte der Trainingslauf sein? Spezielle Untersuchungsergebnisse mit ausreichend großen Probandenzahlen liegen zu diesem Thema ausreichend vor. Trotz alledem gehen die Meiningen der Fachleute, wie z.B. Sportwissenschaftler, Sportphysiotherapeuten, Personal Trainer, und Ergebnisse von Parallelstudien etwas auseinander.
Nun gibt es diverse Tempovorgaben in der Trainingsliteratur. Die häufigsten genannten Tempobereiche lasen sich in vier Kategorien einordnen, die sich mit den Kürzeln LL (leicht und locker), MZ (Marathon-Zieltempo), LS (Laktat-Schwellentempo). Diese werden von Sportwissenschaftler oder Personal Trainer oft auch einfach nur als Tempodauerläufe bezeichnet. Nicht zuletzt das SSRA-Tempo, die zugegebenermaßen etwas eigenwillige Abkürzung steht für ein Tempo, dass sich mit „sich so richtig auskotzen“ charakterisieren läßt.
Lange Läufe im LL-Tempobereich finden sehr viele Befürworter. Im Vergleich zum angestrebten Marathontempo wird hier jeder Kilometer mindestens sechzig Sekunden langsamer gelaufen. Die meisten Experte, unter Ihnen Sportwissenschaftler, Athletik-Coach, Personal Trainer, sehen den Vorteil von LL darin, dass es relativ große Umfänge gestattet und damit all die notwendigen physischen wie auch mentalen Komponenten entwickelt, zugleich aber das Verletzungsrisiko gering hält. Um parallel die die Tempofähigkeit zu entwickeln, sollte an anderen Tagen der Trainingswoche schneller gelaufen oder ab und zu ein Wettkampf genutzt werden.
Eine Reihe von Marathon-Spitzenathleten kopiert bis heute die LL-Methode mit großem Erfolg. Aber aufgepasst: Wer zum Beispiel nach zwei Stunden zu erschöpft ist, um das eingeschlagene Tempo zu halten, erhöht wiederum sein Verletzungsrisiko, warnen Sportwissenschaftler und Personal Trainer, wenn der Laufstil leidet un d mit schlechter Körperhaltung weitergelaufen wird.
Sicher hört man von Kritikern der Methode nicht selten auch Sprüche wie „vom langsamen laufen wird man langsam“. Solche Einwände mögen zwar berechtigt sein, treffen aber allein auf diejenigen zu, die stets nur in diesem Tempobereich trainieren.
In jüngerer Zeit ist eine Tendenz erkennbar, die in Richtung auf das Marathon-Wettkampftempo als Komponente der langen Trainingsläufe geht. Die Strategie sieht in der Regel so aus, dass zur Betonung der Ausdauerkomponente zunächst die ersten 12 bis 16 Kilometer im LL-Tempo gelaufen werden. Es folgt eine allmähliche Steigerung bis auf Marathontempo, das dann wiederum 12 bis 16 Kilometer zu halten ist. Einige Personal Trainer, Sportwissenschaftler, Trainings-Coach, empfehlen auch abwechselnd den langen Lauf in einer Woche komplett als LL und in der anderen mit dem Einbau der MZ-Komponente absolvieren.
Bei Läufen von einer Distanz zwischen 32 und 36 Kilometern, sollte rund drei Viertel der Distanz im MZ gelaufen werden.
Kommen wir nun zum Laufen an der Laktatschwelle. Es ist nicht einfach, Workouts im LS-Bereich in ein spezielles Marathontraining zu integrieren. Eine Variante wäre bei einem 32 km-Lauf die ersten 3 km im LL zu laufen, danach 4x3 km im LS-Bereich (etwas zwanzig bis dreißig Sekunden pro Kilometer schneller als Marathontempo). Zwischen den Tempoabschnitten trabt man jeweils zwei Minuten ganz locker. Die gesamte zweite Hälfte des langen Laufs absolviert man anschließend im LL-Tempo.
Wer Tempo bolzen muss, sollte „negative Splits“ absolvieren. Hierbei wird die zweite Hälfte der Distanz schneller gelaufen als die erste. In der Praxis sieht das so aus, dass man nach mehreren Aufwärmkilometern den größten Teil der Strecke in einem nur wenig langsameren Tempo als MZ zurücklegt, um auf den letzten Kilometern an seine Leistungsgrenze heranzugehen.
Abschließend sei gesagt, wer nicht nach Gold greifen möchte, sollte bei den langen Einheiten das LL in den Vordergrund stellen. Nicht umsonst praktiziert es ein Großteil der Elite-Athleten weiterhin so.
Wer aber etwas riskieren möchte, dem empfehlen Sportwissenschaftler, Personal Trainer und Trainer-Coachs folgendes Programm: Man absolviert den Lauf auf den ersten 12 Km im LL-Tempo, gefolgt von 4 km im MZ-Tempo. Bei jedem weiteren langen Lauf dehnt man beide Abschnitte jeweils um zwei Kilometer aus, bis man bei 20 Kilometer im LL-Tempo plus 12 Kilometer im MZ-Tempo angelangt ist. An diesem Punkt ist man mit Sicherheit für einen Marathon bereit und kann beginnen, das Training allmählich zu reduzieren, um für den großen Tag Kräfte zu sammeln.
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