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Infos zum Artikel
Autor: |
Rechtsanwalt Dr. Marcus Soiné |
Datum: |
28.02.2012 |
Views: |
3290 |
Bewertung
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Abbau einer Hierarchieebene |
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Abbau einer Hierarchieebene als betriebsbedingter Kündigungsgrund
Die betriebsbedingte Kündigung spielt in der Arbeitswelt ebenso eine herausragende Rolle wie bei der Zahl der jährlich vor den Arbeitsgerichten in Deutschland geführten Kündigungsschutzprozesse. Auch wenn man im Rahmen von Rechtsstreitigkeiten manchmal den Eindruck gewinnt, betriebsbedingte Kündigungen könnten – aus Sicht einiger erstinstanzlicher Arbeitsgerichtskammern – praktisch nicht wirksam ausgesprochen werden, so gibt es doch auch bei diesem Kündigungsgrund klar umschriebene Vorgaben durch das Bundesarbeitsgericht (BAG). Einem Sonderfall der betriebsbedingten Kündigung, nämlich dem Abbau einer Hierarchieebene, gilt dieser Artikel.
1. Ausgangsfall und Problemaufriss
Das BAG hatte am 16. Dezember 2010 – 2 AZR 770/09 – einen Fall zu entscheiden,bei dem der Arbeitgeber sich zur Begründung einer betriebsbedingten Kündigung,auf einen solchen Abbau einer Hierarchieebene berief und das Arbeitsverhältnis eines Bereichsleiters beenden wollte. Um die sich stellende Problematik zu verstehen, muss man sich klar machen, dass eine betriebsbedingte Kündigung grundsätzlich sowohl auf externe wie auch auf interne Anlässe gestützt werden kann. Klassischer externer Anlass ist der Auftragsrückgang oder ein Verlust großer Kunden. Interne Gründe können z.B.betriebliche Umstrukturierungen, die Aufgabe einzelner Geschäftsfelder oder konkret die Streichung einer bestimmten Hierarchieebene sein.In allen Fallgestaltungen muss es dem Arbeitgeber grundsätzlich möglich sein, die Belegschaftsstärke an den Arbeitskräftebedarf anzupassen, wenn die beschriebenen Gründe zu einer Reduktion des Arbeitsaufkommens führen. Diese Anpassung muss darüber hinaus soziale Gesichtspunkte, namentlich die Beschäftigungsdauer, das Lebensalter, die Unterhaltsverpflichtung sowie den Schwerbehindertengrad der von der Reduktion des Arbeitsaufkommens betroffenen Arbeitnehmergruppe berücksichtigen. Dieses als Sozialauswahl beschriebene Verfahren des Arbeitgebers bietet häufig Anlass zu arbeitsgerichtlichen Streitigkeiten und ist in regelmäßigen Abständen auch Thema rechtspolitischer Diskussionen.
2. Entscheidung und Begründung
Erstinstanzlich wurde die Klage abgewiesen. In der Berufungs- und Revisionsinstanz wurde jedoch die Kündigung für rechtsunwirksam erklärt. Bei der Begründung machte das BAG zunächst deutlich, dass es sich bei der Entscheidung des Arbeitgebers, eine Hierarchieebene in Zukunft abzubauen, grundsätzlich um eine sog. unternehmerische Maßnahme handelt. Diese ist als Ausfluss der Eigentumsgarantie des Art. 14 GG generell von staatlichen Gerichten nicht auf ihre Zweckmäßigkeit oder sachliche Rechtfertigung hin zu überprüfen. Ein Arbeitgeber kann daher auch ein gut laufendes Unternehmen schließen und sämtlichen Arbeitnehmern kündigen, wenn er dieses nicht mehr weiterführen will. Die Frage der wirtschaftlichen Sinnhaftigkeit einzelner Maßnahmen ist daher nicht Prüfungsgegenstand der Arbeitsgerichte. Derartige Entscheidungen können gerichtlich lediglich daraufhin überprüft werden, ob sie offensichtlich unsachlich, unvernünftig oder willkürlich sind. Diese Hürde hatte der Arbeitgeber im entschiedenen Fall übersprungen. Das Hauptargument der Erfurter Richter, die Kündigung als unwirksam zu erklären, war mehr formeller Natur. So litt die Begründung des Arbeitgebers vor allem daran, dass nicht aufgezeigt wurde, wie die im Zeitpunkt der Kündigung von dem Arbeitnehmer wahrgenommen Aufgaben nach Wegfall seiner Position erledigt werden sollten. Zwar hatte der Arbeitgeber vorgetragen, diese Aufgaben auf die verbleibenden Ebenen im Betrieb verteilen zu wollen, allerdings fehlte es offenbar an einer detaillierten Darstellung diesbezüglich. Das BAG verlangt in solchen Konstellationen Angaben darüber, wie sich die Organisationsentscheidung des Arbeitgebers, die als solche der Prüfung entzogen ist,auf die Einsatzmöglichkeiten der übrigen Arbeitnehmer auswirken und wie diese die anfallende Arbeit bewältigen können, ohne Mehrarbeit zu leisten. Hierzu gehören insbesondere Angaben dazu, ob und inwieweit die Arbeitnehmer, die zukünftig die vakanten Tätigkeiten miterledigen sollen, zuvor über freie Arbeitskapazitäten verfügt haben, die nunmehr „aufgefüllt“ werden. Dieser Darlegungslast genügte der Arbeitgeber im entschiedenen Fall nach Auffassung des BAG nicht, so dass die Unwirksamkeit der Kündigung festgestellt wurde.
3. Fazit
Auch wenn die betriebsbedingte Kündigung sicher die am häufigsten gewählte Beendigungsform ist, so muss doch immer wieder festgestellt werden, dass die organisatorische und argumentative Vorbereitung einer solchen Kündigung unzureichend ist. Das Kündigungsschutzgesetz und hierauf fußend die Rechtsprechung des BAG setzen zwar grundsätzlich hohe Anforderungen an die Wirksamkeit einer solchen Kündigung, lassen sie jedoch bei entsprechend konkreter nachweisbarer Fallgestaltung und Begründung auch zu. Arbeitgeber, die – sei es durch interne oder externe Gründe – gezwungen sind, Personal abzubauen, sollten daher frühzeitig arbeitsrechtliche Expertise suchen, um nicht Gefahr zu laufen, nach mehrjähriger Verfahrensdauer neben der Unwirksamkeit der Kündigung auch mit entsprechend hohen Verzugslohnforderungen konfrontiert zu werden.
www.ckb-anwaelte.de.
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