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Autor: Siegfried Muxel
Datum: 20.09.2010
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Spätzle, schaben oder einfacher

Spätzle das Wunder meiner Großmutter
An Tagen, an denen es regnet, zu dunkel ist, an denen ich Ärger mit Kollegen habe oder ich mich einfach unwohl fühle und plötzlich so ein Wunsch „nach Hause“ zu kommen da ist, erinnere ich mich immer an meine Großmutter. Und an ihre Spätzle. Ich habe einen sehr stressigen Job, komme spät von der Arbeit, aber an solchen Tagen tut es mir unendlich gut, mir selbst einen Teller Spätzle zuzubereiten. Meine norddeutschen Freunde versinken da in Ehrfurcht: Spätzle schaben? Das ist doch so ein Aufwand. Finde ich nicht. Ich habe als Kind so oft beim Spätzlemachen zugesehen, dass ich es für eine der leichtesten Sachen der Welt halte. Und allein schon die Herstellung des geschmeidigen Teiges beruhigt mich und lässt mich meine Anspannung vergessen. Manche Leute backen Brot, ich koche Spätzle: Ich schlage zwei Eier in eine Schüssel, verquirle sie mit einem kleinen Löffel Salz. Dann kommen 250 Gramm Mehl dazu und langsam, nach und nach eine Vierteltasse Wasser. Zum Schluss kommt dann die Prise Muskat, die aus dem Mehlteig erst den richtigen Spätzleteig werden lassen, meiner Ansicht nach. Wahrscheinlich ein alter Privataberglaube. Die Muskatnuss gibt die Seele, sagte meine Großmutter. Dann brauche ich nur noch ein Küchenbrett und ein nasses Messer. Vielleicht bin ich nicht ganz so schnell wie meine Großmutter, sie soll auch gerne meine persönliche Spätzle-Weltmeisterin bleiben. Bei ihr sah es so aus, als hätte sie seit ihrer Kindheit nichts anderes gemacht. Fast unheimlich. Meinen Freunden, die zwar mein Trostgericht lieben, aber ihre Fähigkeit, Spätzle zu schaben, nicht in sich entdeckt haben, schenkte ich zum letzten Weihnachten jeweils einen – auch nicht traditionslosen – Spätzlehobel. Für mich ist es nicht dasselbe. Der Teig muss das Brett berührt haben. Inzwischen gibt es ja für das sich verbreitende Exil- und Wahlschwabentum diverse Hilfsmittel. Leider habe ich das Spätzlewunder erst nach der Ankunft des Weihnachtsmanns entdeckt. Scheint mir angemessen, der Name: Kein Wunder, dass Spätzle auch Nicht-Schwaben Glück bringen. Das Spätzlewunder steht sozusagen für das heilsbringende Nudel-Phänomen, das sich über unseren Globus ausbreitet.
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